Ausgleichung und Herabsetzung
Ausgleichung
Der Erblasser ist grundsätzlich frei, über sein Vermögen zu Lebzeiten zu verfügen. So kann er auch Schenkungen oder andere unentgeltliche Vermögensentäusserungen vornehmen. Werden solche Vermögensvorteile an gesetzliche Erben gewährt, unterstehen sie den Ausgleichsvorschriften gemäss Art. 626 ff. ZGB.
Die Nachkommen (Kinder, Enkel) haben gemäss Art. 626 Abs. 2 ZGB alles zur Ausgleichung zu bringen und sich an ihren Erbanteil anrechnen zu lassen, was sie als Heiratsgut, Ausstattung oder durch Vermögensabtretung oder Schulderlass vom Erblasser zu Lebzeiten erhalten haben (z. B. Erbvorbezüge von Geldbeträgen, Gegenständen, Grundstücken, etc.). Der Erblasser kann seine Nachkommen jedoch ausdrücklich von dieser Ausgleichungspflicht befreien, was zur Begünstigung gegenüber den übrigen Miterben führt. Bei solchen Begünstigungen kommen jedoch allenfalls die Vorschriften über die Herabsetzung zur Anwendung.
Die übrigen gesetzlichen Erben (Ehepartner, Eltern, Geschwister) haben nur diejenigen Vermögenswerte zur Ausgleichung zu bringen, die sie vom Erblasser mit der ausdrücklichen Auflage zur Ausgleichung erhalten haben (Art. 626 Abs. 1 ZGB).
Herabsetzung
Hat der Erblasser seine Verfügungsbefugnis (mit Testament oder Erbvertrag) überschritten und erhalten seine pflichtteilsgeschützten Erben ihren Pflichtteil aus diesem Grund nicht, können diese die Herabsetzung der Verfügung — soweit bis ihr Plichtteil wieder gewährleistet ist — verlangen (Art. 522 ff. ZGB).
Der Herabsetzung unterliegen wie die Verfügungen von Todes wegen, verschiedene lebzeitige Verfügungen:
- die Zuwendungen an Nachkommen, welche von der Ausgleichungspflicht befreit worden sind
- Erbabfindungen und Auskaufsbeträge
- Schenkungen, die der Erblasser frei widerrufen konnte, oder die er während der letzten fünf Jahre vor seinem Tode ausgerichtet hat (ohne Gelegenheitsgeschenke)
- Entäusserungen von Vermögenswerten, die der Erblasser offenbar zum Zwecke der Umgehung der Verfügungsbeschränkung vorgenommen hat (vgl. Art. 527 ZGB).
In erster Linie unterliegen die Verfügungen von Todes wegen (im gleichen Verhältnis) und erst in zweiter Linie die Zuwendungen unter Lebenden (chronologisch, die älteren vor den früheren) der Herabsetzung, bis zur Herstellung des Pflichtteils.
Die Herabsetzungsklage ist beim zuständigen Gericht am letzten Wohnort des Erblassers anhängig zu machen (im Kanton Zürich beim Bezirksgericht). Die Klage verjährt mit Ablauf eines Jahres von dem Zeitpunkt an gerechnet, da die Erben von der Verletzung ihrer Rechte Kenntnis erhalten haben und in jedem Fall mit Ablauf von zehn Jahren, die bei Verfügungen von Todes wegen von dem Zeitpunkt der Eröffnung, bei den anderen Zuwendungen vom Tode des Erblassers an gerechnet werden (Art. 533 Abs. 1 ZGB).
Bitte beachten Sie auch die ab 1.1.2023 gültigen Änderungen im Erbrecht, das Merkblatt (Kundeninformation) und die neue gesetzliche Erbfolge (gesetzliche Erbfolge ab 1.1.2023).